Recon Issue_01: Es ist ok, auf Fetisch zu stehen!

Recon Issue_01: Es ist ok, auf Fetisch zu stehen!

von Recon News

09 Dezember 2018

Von OhBilly

Ursprünglich in Recon Issue_01 veröffentlicht


Was ist meine Bestimmung? Meine Bestimmung ist es, eine aufgeschlossene Hure zu sein.

Von außen betrachtet, kann die Welt des Fetisches und Kinks wie eine harte Nuss erscheinen, die es zu knacken gilt. Sie wirkt, als ob sie in Geheimnistuerei mit einem Hauch von Kennern der Materie eingehüllt ist. Sie ist irgendetwas am Rand, weniger zugänglich als die schwule Welt der Hauptstraßen, und die, die darauf neugierig sind, werden von gefühlten Barrieren zurückgehalten. Tja, aber als jemand, der in den Fetisch hineingestolpert ist, kann ich euch sagen, dass das gar nicht so sein muss.

Fetisch und Kink waren etwas, das ich niemals wirklich in Betracht gezogen hatte, bis ich es tat. Ich war mir durch Pornos oder Darstellungen im Mainstream vage darüber bewusst und die Bilder, die das heraufbeschwor, waren nicht immer schmeichelhaft. Von diesen Schnipseln ausgehend, dachte ich, dass das nichts für mich wäre, deshalb hielt ich mich davon fern.

Die Sache ist die, dass ich immer einen relativ gesunden sexuellen Appetit hatte, der nur noch größer wurde, als ich von 20 auf 30 zuging. Dieser ist dann voll explodiert, als ich, zum Zeitpunkt, als gerade die Apps auf den Markt kamen, nach London gezogen bin. Plötzlich hatte ich fast rund um die Uhr zu so vielen Schwänzen Zugang. Was soll ein armer Junge da Anderes machen als einfach einzutauchen? Was ich von all diesem zusätzlichen Herumhuren lernte, war, dass, wenn das Buffet groß und vielfältig ist, man neue Sachen ausprobiert und man eine sehr viel vielschichtigere Auswahl zusammen bekommt als man denkt. Eine Anfrage hier ein bisschen zu fisten, dort ein bisschen in einem Sling schwingen. Ein Harness? Ein Doppelender? Klar, warum nicht! Plötzlich merkt man, wie man sich selbst zu den Möglichkeiten hin öffnet.

Dennoch, trotz dieses Erweiterns des Horizonts, gab es immer noch etwas, das mich zurückhielt. Ich würde sagen, die Formel meines Unbehagens war 1 Teil soziales Stigma, 2 Teile ein Wort.

Fe-tisch
/ˈfɛtɪʃ/
Substantiv
1.
Eine Form des sexuellen Verlangens, bei dem die Einlösung in einem abnormalen Grad mit einem bestimmten Objekt, Kleidungsgegenstand, Körperteil, etc. verbunden ist


Wie das klang, hatte ich keinen Fetisch nach der Wörterbuch Definition. Nicht wirklich. Ich mochte viele Sachen, die ich ausprobiert hatte und freute mich darauf, sie wieder zu tun, aber mir fehlte die Hingabe, von der ich spürte, dass man sie dafür braucht. Kinky Play machte mir Spaß, aber ich war genauso glücklich damit, einen schnellen Fick zu haben und es dann dabei zu belassen.

Dieses Hindernis hielt mich einige Zeit auf, bis ich gezwungen wurde mich ihm zu stellen. Durch die Fäden des Schicksals eröffnete sich mir eine Karrieremöglichkeit in der Fetischwelt. Es war ein Job, der meinen Fähigkeiten entsprach, aber würde meine mangelnde Fetischerfahrung mich zurückhalten? [Achselzucken] Was sollte schon Schlimmes dabei passieren?

In dieser neuen Rolle hatte ich jetzt Zugang zu Fetisch Gear und meine Neugier konnte sich gar nicht mehr einkriegen. Ich fing an mehr zu experimentieren. Ich fing vorsichtig damit an, was ich bereits kannte; ein Harness wurde mein erstes Stück Gear. Ich habe nicht den schönsten Körper der Welt, aber ihn zu tragen, gab mir einen Kick. Wie ich mich selbst sah, veränderte sich, wenn ich ihn trug und als ich meine erste Fetisch Party besuchte, half er mir, mich meiner neuen Geisteshaltung anzupassen, half er mir von einigen meine Ängste loszukommen.

Als nächstes kam Gummi dran und das war wirklich der Moment, als alles zusammenkam. Ich hatte es so lang vermieden – es sah seltsam und unnatürlich aus - aber die Anziehungskraft war unausweichlich. Als ich schließlich in den sauren Apfel biss und mir meine ersten Stücke Gummi Gear kaufte, war ich aufgeregt aber auch ein wenig entsetzt. Meinen Körper mit Gleitgel einzuschmieren und ihn zu edgen, fühlte sich so fremd, aber auf eine unerwartete Weise auch befriedigend an. Als ich es anhatte, tropfte ich vom Schweiß, aber loszulassen und das Gefühl zu genießen, machte mich steinhart. Der größte Kick für mich jedoch, kam, als ich mich auf den Weg in einen Club machte. Obwohl ich einen Hoodie und Trackies über meiner Gear trug, fühlte ich doch die geile Enge und den Schweiß, aber für die Außenwelt war ich nur ein bärtiger Typ in seinen normalen Sportsachen. Es fühlte sich wie ein schmutziges Geheimnis an, als ich an den guten Menschen der Welt vorbei ging, die in ihren Abend gingen.

Seit diesem ersten Mal in Gummi, ist meine Sammlung ziemlich schnell gewachsen. Mehr Gummi. Mehr Leder. Ein paar andere Dinge kam noch dazu - Ich liebe Lycra! Wer hätte das gedacht?! Nicht alles, was ich ausprobiert hatte, war etwas für mich, wenn diese geile Anziehung fehlte oder es nicht richtig passte, aber darum geht es ja grade beim Experimentieren. Du findest heraus, was zu dir passt und die Fehlschläge sind genauso wichtig wie die Erfolge.

Je mehr ich Sachen eine Chance gebe, desto mehr bemerke ich, dass es nicht wichtig ist, was das Wörterbuch sagt. Fetisch ist nur ein Wort und wie alle Wörter, kann man es interpretieren. Meine Interpretation ist folgende: Es geht nicht um die Definition, es geht darum, wie man sich dadurch fühlt. Das Leben ist voller verschiedener Reichweiten, von mild zu Hardcore, und es ist okay, wenn man sich irgendwo auf der Skala einordnet. Ich fühle mich wohl, mich selbst als eine aufgeschlossene Hure einzuordnen - einen Fetisch-Mann, wenn man so will. Ich liebe es Gummi und Lycra zu tragen und zusammen mit anderen Männern, die das auch so lieben, Übles im Sinn zu haben. Ich denke, dass solange man mit den Geschmäckern der Anderen respektvoll umgeht und mit seinen eigenen offenherzig, dann gibt es Nichts, was einen von ein bisschen Experimentieren und einer Riesenmenge Spaß abhalten sollte.

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