MITGLIEDERARTIKEL: Meine Lederfamilie

MITGLIEDERARTIKEL: Meine Lederfamilie

von Recon News

07 Juni 2019

Von PaddleChamp

Vor etwa fünf Jahren traf ich mich mit einem Lederjungen, der neu in der Stadt war, und dessen Profil eines Tages auf meinem Radar aufgetaucht war. Er war blond, und seine blauen Augen passten zum T-Shirt, das er trug, als ich ihn zu unserem ersten Treffen abholte. Sein kindliches Gesicht ließ ihn ein paar Jahre jünger aussehen, als er war, was ja für einen Mittzwanziger nie etwas Schlechtes ist. Er war ein gutaussehender, wohlerzogener Sub mit einem leicht nachdenklichen Look.

In den dreißig Minuten, die es dauerte, zurück zu meinem Haus zu fahren, lernte ich seine Geschichte kennen, die ihm auf die Stirn geschrieben stand. Er war heimgekehrt, mit dem Schwanz zwischen den Beinen, um nach seinem Hochschulabschluss wieder näher bei seinen Eltern sein zu können, jedoch ohne wirkliche Richtung und mit dem Schmerz einer gescheiterten Beziehung noch in ihm lodernd. Ich konnte außerdem seine starke Hingabe spüren.

Es wäre einfach gewesen, ihn zu schlagen, zu ficken, ihn nach Hause zu fahren und die Sache als gegessen zu betrachten, doch mir war klar, dass ich auf diese Weise ein wahnsinniges Potential vergeuden würde.

Als Ledermann war ich immer ein Familienmensch, habe in meinen frivol-orientierten Beziehungen nach Beständigkeit und Verbindlichkeit gesucht und von den anhaltenden Freuden, Sorgen und Erfolgen, die mit ihnen einhergehen, profitiert. Während ich noch immer aus reiner Freude an der Sache das Jagdspiel des Findens und Verfolgens von Subs genieße, verspüre ich ein noch größeres Verlangen danach, sie zu unterrichten, die Hand auf ihrer Schulter zu sein, die sie in ihrem Wachstum unterstützt, und Erlebnisse über Jahre zu teilen. Für mich ist dies der heißeste Teil am Leben als Ledermann.

Warum? Weil ich selbst einst dieser Junge war.

Als ich Aaron das erste Mal sah, der seitdem an meiner Seite und zu meinem Alphajungen geworden ist, war es mir, als würde ich in einen Spiegel sehen. Ich erinnere mich, dass ich als Mittzwanziger so seltsam und unerfahren war, dass ich jedes Mal über meine eigenen Stiefel stolperte, wenn ein heißer Meister mich ansah. Ich erinnere mich daran, dass ich erreichen wollte, dass sie stolz auf mich sind. Und wenn mir ein Halsband um meinen Hals gelegt wurde, so erinnere ich mich, spürte ich eine extreme Zufriedenstellung darin, Teil von etwas Solidem und Langanhaltendem zu sein.

Ich habe vier Doms zu unterschiedlichen Zeitpunkten gedient, und während ich nicht mehr ihre Halsbänder trage, habe ich mir ihre persönlichen Symbole auf der linken Seite die Rippen hinunter tätowieren lassen. Sie sind Familie.

Daddy AI stieß mich, abgesehen davon, dass er meine Sucht, mit dem Paddel geschlagen zu werden, anfeuerte, dazu an, zu erkunden und mich selbst darin zu finden. Meister Andrew unterrichtete mich in Bezug auf den inneren Frieden, der durch eine Verbindung mit der Natur entsteht. Meister Arturo bestand darauf, dass ich Vertrauen in mich selbst hatte, und tatsächlich schien er immer mehr Vertrauen in mich zu haben, als ich jemals zu verdienen geglaubt hatte. Daddy Charles liebte mich einfach mehr als viele andere Menschen, die ich gekannt hatte.

Und erstaunlicherweise entwickelte sich all dies irgendwie aus der tiefen Bindung eines heißen Fetischspiels.

Während ich an Arturo gebunden war, gewann ich zwei Lederbrüder dazu – seine anderen Jungs mit Halsband. Diese Beziehungen begannen wie so häufig mit Eifersucht. Ich verhielt mich wie eine verzogene Göre gegenüber Frank, ein gutmütiger, bärtiger Athlet, bis mir klar wurde, wie sehr ich ihn bewunderte und hoffte, wie er zu sein. John kann sich noch immer an den strengen Ausdruck in meinem Gesicht an dem Tag erinnern, als er ankam. Zum Glück konnte sein natürlicher Charme mein Herz erobern.

Diese beiden Männer sind noch immer meine engsten Freunde. Sie sorgen sich um mich, wie sie es in unseren Halsband-Zeiten getan haben. Sie stellen sicher, dass ich nicht mehr abbeiße, als ich kauen kann, geben mir Ratschläge zu Veränderungen in meinem Leben und kommen mich hin und wieder besuchen. John nennt mich noch immer „Kiddo".

An einem Punkt begannen Arturo und ich uns in regelmäßigen Abständen über Nichtigkeiten zu streiten, was uns gar nicht ähnlich sah. Ich konnte nicht herausfinden, was mit ihm los war, bis ich plötzlich erkannte, dass er sich überhaupt nicht verändert hatte – aber ich.

Er erlaubte mir, meinen ersten Jungen, Trent, an die Leine zu legen, der einen honigsüßen georgischen Akzent und ein Lächeln zum Sterben hatte. Trotzdem hielten die Streitereien an, und ich verstand nach und nach, dass etwas in mir sich verändert hatte, und ich nicht länger ein Junge war. Unter Tränen gab ich mein Halsband zurück und versprach, dass unsere Beziehung sich nur verändern jedoch nicht abbrechen würde. Ich habe mein Versprechen gehalten.

Seit diesem Tag habe ich vier weiteren Jungs und einem Sklaven Halsbänder angelegt. Ich erlebte aus erster Hand die Freuden und die Sorgen, die damit einhergingen, neue Jungs in das Haus zu bringen, was dem Prozess nahekommt, Katzen zu sozialisieren. Vielleicht war einiges davon eine karmische Rückzahlung für die Trauer, die ich bei meinen Brüdern zuvor verursacht hatte. Nach einem Jahr oder so hatte sich jeder von Ihnen sein Tattoo auf meinem rechten Arm verdient.

Drei der Jungs zogen nach und nach weiter, doch sie alle, mit Ausnahme von einem, mit dem es schlecht auseinander gegangen war, sind noch regelmäßig mit mir in Kontakt und nennen mich nach wie vor „Herr". Außerdem waren all diese Männer – Herren, Brüder, Jungen und Sklaven – sowie ihre Ehepartner, bei meiner Hochzeit im letzten Jahr anwesend, auf den Plätzen in der ersten Reihe, die für sie reserviert waren.

Wie baut jemand also seine eigene Familie auf?

Zunächst muss man wirklich die Tradition des Halsbandes ehren. Wenn ein angehender Junge zum ersten Mal zu Besuch kommt, präsentiere ich das Halsband wie einen Preis, den es zu gewinnen gilt. Er darf es während des Spiels tragen, weil ich es genauso genieße, es an seinem Hals zu sehen, wie er es genießt, es zu tragen. Doch ich lasse ihn unmissverständlich wissen, dass er, wenn er es dauerhaft tragen möchte, einiges dafür tun muss. Insbesondere muss er regelmäßig über mehrere Monate auftauchen. Bis dahin gilt er möglicherweise als unter meiner Obhut, jedoch noch nicht als mein Eigentum.

Ich bestehe darauf, die Dinge so zu tun, wie ich es möchte, und nach meinem Zeitplan. Ich finde, dass eine Menge gutmütige Doms ihre Subs damit zu sehr verwöhnen, ihnen bereits im Voraus jede Handlung zu erlauben, die sie sich wünschen, und unterm Strich ist das Resultat daraus meist, dass die Jungs sich langweilen und schnell weiterziehen. Stattdessen treffe ich, wenn ein Junge mich kontaktiert, ihn niemals noch am selben Tag. Ich mache einen Zeitplan, der häufig ein nicht spielerisches Treffen in der Öffentlichkeit beinhaltet, um die Chemie zu überprüfen. Wenn er es nicht aushalten kann, ein bisschen zu warten, bis er spielen darf, ist dies für mich ein Signal, dass er es langfristig sowieso nicht schaffen wird.

Zum ersten Spieltreffen gebe ich dem Jungen eine gute Kostprobe, jedoch noch nicht die gesamte Enchilada. Ich habe ein Inspektionsprotokoll, dass meistens dafür sorgt, dass er mit austretendem Lusttropfen stehen bleibt, doch ich erlaube ihm so gut wie niemals, ganz zu kommen. Auch hier gilt wieder – ich möchte, dass er sich danach sehnt, das nächste Mal für mehr zurückzukommen.

Ich gebe zu, ich habe an diesem Punkt ein paar Enttäuschungen erlebt, in Bezug auf Jungs, die ihre unsterbliche Loyalität versprachen und dann mit einer Entschuldigung nach der nächsten anfingen. Bevor ich nach Kalifornien umzog, verfolgte mich ein Junge unermüdlich über Jahre hinweg, und ich war sehr interessiert. Zwei Mal setzten wir einen Trainingsplan auf, und jedes Mal gab es wieder einen neuen Grund, weshalb er es nicht schaffen konnte. An einem Punkt fanden wir uns auf derselben Party wieder, doch vor seinen Freunden gab er vor, mich nicht zu kennen. Das war das absolute Ende für mich, und trotzdem fand ich Wochen später noch ein „Hallo Herr" von ihm in meinem Recon-Posteingang.

Ich kann mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ich ein Halsband um seinen Hals gelegt hätte, und von meinen Jungs erwartet hätte, sich mit diesem Verhalten anzufreunden.

Am Ende baue ich strukturierte gemeinsame Zeit in den Zeitplan ein und nutze die Interessen und Talente meiner Jungs. Aaron ist ein außergewöhnlicher Koch, Trent und ich lieben dieselben Whiskeys, Will hat eine Vorliebe für heiße Shorts und überzogener Unterwäsche und Lucas liebt es zu reisen. Sie alle habe ich zwischenzeitlich dazu gebracht, 5 km oder mehr zu laufen. Wir unternahmen Roadtrips, hatten unsere eigenen Feiertags-Abendessen, gingen ins Theater und saßen manchmal einfach gemeinsam vor dem Fernseher mit Pizza oder Wein. Ich betrachte all diese Dinge als Dienste mir gegenüber, weil sie mich froh machen und meine Bindung zu ihnen vertiefen.

Und dann gibt es die schlechten Zeiten. Für einen meiner Jungs war 2018 das Jahr der Hölle. Alles, was für ihn hätte schieflaufen können, lief auf spektakulärste Weise schief. Über Monate hinweg lief meine Beziehung mit ihm hauptsächlich darauf hinaus, diesen wunderbaren jungen Mann daran zu erinnern, dass, komme was wolle, er geliebt wird. An manchen Tagen war ich nicht mal sicher, ob er mir glaubte. An anderen hatte ich das Gefühl, er würde es ausreizen, um zu sehen, wie ernst es mir mit meiner Aussage war. Am Ende schien die Nachricht eingesickert zu sein. Ich leide, wenn meine Jungs leiden. Ich weine, wenn sie weinen. Doch wie gesagt, es dreht sich alles um Struktur, Anstrengung und Erfolg. Der Erfolg kommt immer zur rechten Zeit.

Ganz nebenbei erwähnt, Aaron ist jetzt sehr aktiv in seinem örtlichen Lederclub. Er hat den dortigen ersten Wettbewerb für einen Leder-Titel ins Leben gerufen und durch Eigeninitiative von Grund auf aufgebaut und ausgerichtet. Gerade im letzten Monat fand dort der zweite Wettbewerb statt. Der Neuling, der das Gefühl hatte, so wenig bieten zu können, ist zum Leiter geworden. Ich mag den Gedanken, dass ich etwas mit seinem Erfolg zu tun gehabt habe.

Wenn ich meine Position in meiner Lederfamilie beschreiben müsste, würde ich sagen, ich bin der Kanal, über den die Dinge, die ich von meinen Herren und Brüdern gelernt habe, meine Jungs und Sklaven erreichen. Der Akt, das weiterzugeben, was ich gelernt und erfahren habe, verbindet uns als Familie über Generationen und Entfernungen hinweg.

Für mich ist das extrem heiß.

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