MITGLIEDER ARTIKEL: My Fetish & Me’(Mein Fetisch & Ich)

MITGLIEDER ARTIKEL: My Fetish & Me’(Mein Fetisch & Ich)

von Recon News

18 November 2018

Von Recon Mitglied AntwerpFetishGuy

Pablo Neruda schrieb einst das Gedicht "Viele sind wir", in dem er auf ein 'Parlament an Identitäten' anspielt, das in jedem von uns sitzt. Ich möchte meine ‚schwule Fetisch Identität' teilen und näher erforschen, da ich glaube, dass das ein Thema ist, das viele von uns auf die eine oder andere Weise erfahren haben oder sich noch nicht getrauen sie zu erfahren.

Alain – 41 – in Antwerpen lebend – PhD in Management – Professor in Management & Organisation – glücklich mit meinem Mann verheiratet, die reinste Seele auf diesem Planeten – und so lange ich mich zurückerinnern kann mit den Samen des Fetischs in mir. In meinen frühen Teenager-Jahren entdeckte ich meine Sexualität durch meine Attraktion zu Fußballspielern – nicht so sehr die Typen selbst, aber ihre glänzenden Shorts und Hosen. Sportswear und besonders glänzende Sportsgear im Wet-Look waren mein erster Turn-On. Alles jedoch im Verborgenen versteckt, sprach ich nicht darüber, teilte es nicht – geschweige denn es in der Öffentlichkeit zu tragen! Es fühlte sich an, als ob ein Teil von mir das nicht erlauben würde. Jahre vergingen, bis ich anfing, Profile auf schwulen Dating Sites zu erstellen, um gelegentlich ein Auge auf andere Sportsgear-Fans zu werfen. Weitere Jahre vergingen bis ich mein erstes -heimliches – Sportsgear Date hatte.

Wir springen in den November 2017, als die Geheimnistuerei begann sich einengend anzufühlen: ich wollte mehr Erfahrungen sammeln, neue Gear kaufen, Leute mit ähnlichen Interessen treffen und meine Fetisch-Sexualität ausleben. Nach Jahren, in denen ich auf den Websites von Mister B, Boxer Barcelona und anderen Gear-Marken gesurft hatte, nahm ich meinen Mut zusammen und ging in den Mister B Laden in Antwerpen. Mein Herz am Anschlag, als ob ich gleich den Fick meines Lebens haben würde. Zu meiner Überraschung fühlte sich das gut an: ich schaute mich um, mir gefielen einige Sachen aus Gummi und ich kaufte mein erstes Gummi-Outfit – unwissend, dass Gummi überhaupt ein Fetisch war. Das markierte den Startschuss für meine Gear-Sammlung.

Die erste Hürde war also überwunden, was nun? Auweia… meinem Mann alles erzählen? Nein, noch nicht, erst mal in eine schwule Fetisch Cruising Bar gehen: The Boots. Dank eines Kumpels, den ich auf Recon getroffen hatte und der so nett war, mich bei meinem ersten Besuch zu begleiten, hatte ich genug Mut wirklich zu gehen, obwohl ich höllisch nervös war. Ich zog mich in mein Gummi um, hatte ein paar Drinks und schlüpfte in die Darkrooms. Dann hatte ich ein paar weitere Drinks, letztendlich nur um total spitz nach Hause zu gehen, aber ich fühlte mich noch zu unwohl um Sex in Gear zu haben.

2. Meilenstein erreicht – naja, fast… Auf zur 3. Hürde: meinem Mann alles erzählen: Ich öffnete mich, total und vollständig. Er war überrascht, ahnte gar nichts… da ich ja durch die Jahre zu einem Experten im Verstecken geworden war. Auch wenn er selbst überhaupt nicht auf Fetisch-Sachen steht, akzeptiert er, dass ich darauf stehe.

Und weiter zur nächsten großen Sache: der Antwerp Leather & Fetish Pride. Ja, ich wollte hingehen, aber nein: ich habe mich nicht getraut, weshalb ich einen Kompromiss schloss: einfach nur zu Darklands gehen und sehen wie das geht. Ich hatte zum ersten Mal Spaß („Spaß" bedeutet hier, dass ich eine gute Zeit hatte). Ich fühlte mich wohl und wohl genug um Sex in der vollen Gear zu haben – und das nicht nur einmal. Fuck, das war wirklich ein Sieg in Großbuchstaben! Der nächste Erfolg war das Kaufen von Lederhosen, Mister B's Fucker Jeans und sie in der Öffentlichkeit zu tragen. Also, ich habe es gerade heute Nachmittag wieder gemacht und es fühlt sich gut an…

Und so frage ich mich: warum fühlt es sich gut an? Warum fühlt es sich gut an, sich in volles Gummi zu werfen und kinky Sex mit anderen Gummi-, Leder- oder Sportswear-Typen zu haben? Warum fühlt es sich gut an, in engen Lederhosen, die mich hart machen, Lebensmittel einkaufen zu gehen? Warum fühlt es sich gut an, mit anderen Typen mit ähnlichen Interessen zusammen zu sein? Es fühlt sich gut an, weil es ein Teil von mir ist und zwar ein wesentlicher Teil dessen, wer ich bin. Ich bin schwul und ich habe einige Fetische und ich liebe Fetisch Sex und es gibt nichts Besseres, als der zu sein, der Du bist. Warum war dieses „Coming Out" dann so schwierig? Naja, wie bei meinem schwulen Coming-Out, war meine innere Einstellung das größte Hindernis: meine Ängste, meine Annahmen, meine inneren Stimmen… Auch wenn ich heute glücklich darüber bin, dass ich diese Schritte hinter mir habe, bleibt es manchmal eine Herausforderung sich ganz zu öffnen, Freunden zu sagen, dass man beim Leather Pride war, Leder oder glänzende Gear in der Öffentlichkeit zu tragen… Ich glaube, das ist immer noch eine andere Schlacht, die zu schlagen ist und ich glaube, dass diese Schlacht eine ist, die viele Männer auf die eine oder andere Weise bereits gewonnen haben oder noch gewinnen müssen.

Aus diesem Grund habe ich in Zusammenarbeit mit Antwerp Leather & Fetish Pride ein kleines Projekt mit dem Namen „My Fetish & Me" ins Leben gerufen, das darauf abzielt, Initiativen zu starten, Informationen und Fotos auszutauschen und Hilfe für das Finden und Akzeptieren der eigenen Fetisch-Identität anzubieten. Nach meiner eigenen Erfahrung und derer anderer auch, ist der Prozess seine eigene Fetisch-Identität zu finden, nie ein leichter. Bis jetzt hatte ich Unterhaltungen mit Leuten, die es bisher nicht wagten, offen mit ihrem Fetisch umzugehen, wo es allein schon eine Hilfe sein kann, sich einfach nur darüber zu unterhalten. Ein Typ zum Beispiel wollte zu Folsom Berlin gehen, aber hatte nicht genug Mut es durchzuziehen… nach ein paar Gesprächen und dem Teilen einiger Erfahrungen, war er auf dem Weg nach Berlin! Indem ich mich über mein „Fetisch-Outing" öffne und meinen Gear-Fetisch der Welt zeige, hoffe ich, dass andere Männer den Mut finden, dasselbe zu tun! Da „My Fetish & Me" noch in den Kinderschuhen steckt, würde es mich sehr freuen, eure Gedanken zu hören, wie wir den Fetisch-Outing Prozess für die vielen Männer da draußen einfacher machen können! Wenn ihr wollt, könnt ihr mit mir in Kontakt kommen, indem ihr den Facebook-Link unten benutzt oder mir eine E-Mail schreibt an: info@myfetishandme.be

Und zum Schluss: seid euch selbst ehrlich gegenüber! Akzeptiert, wer ihr seid und fühlt euch deshalb wohl. Habt Spaß, seid ungezogen, seid safe und vor allem: respektiert euch selbst, dann werden euch auch andere akzeptieren!

Wenn ihr einen Artikel über eure Fetisch-Reise oder über ein Projekt, an dem ihr für die Fetisch-Community arbeitet, schreiben wollt, dann schickt eure Ideen an: social@recon.com


Fotografie: Taco D Smit (Amsterdam)

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