MITGLIEDER ARTIKEL: Mein Fetisch-Coming-out-Jahr
von
Recon News
06 Januar 2020
Von PuppyKen
Lass Deine dunkle Seite sprechen
Ich glaube, dass jeder hier in diesem Netzwerk seine eigene Geschichte darüber zu erzählen weiß, wie er zu dem Fetisch gekommen ist, auf den er wirklich steht. Dies trifft auch auf mich zu. Ich habe für viele Jahre versucht, meine dunkle Seite zu verstecken, weil ich Fetisch nicht als das sogenannte „normale Leben" anerkennen konnte. Ich bin in einer kleinen Stadt in China aufgewachsen und schwul zu sein war schon schwer für mich. Ich versteckte meine sexuelle Orientierung, bis ich zum College in die USA ging. Nichtsdestotrotz wusste ich schon vorher, dass da eine dunkle, eine schmutzige Seite tief in meinem Inneren verborgen lag. Ich möchte dir näherbringen, wie ich zu den Vorlieben gekommen bin, auf die ich so sehr stehe.
Bondage – Das war mein erster Fetischtraum als Kind. Ich kann mich noch immer an das erste Mal erinnern, als ich die Zaubershow von David Copperfield sah, in der er mit Seilen gefesselt war und woraufhin mein Schwanz unglaublich hart wurde. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht einmal, wie man masturbiert, glaube ich. Die ganzen Seile um seinen Körper ließen mein Herz schneller schlagen. Ich wünschte mir, an seiner Stelle zu sein. Später sah ich mir dann verschiedene Zaubershows an, war aber immer nur an einer spezifischen Kategorie von Magie interessiert – der Entfesselung bzw. dem Ausbruch. In jeder Szene, in der der Magier angekettet, gefesselt und eingeschränkt wurde, war ich sexuell erregt. Als Teenager brauchte ich dann nicht einmal Pornos, um mich zu befriedigen – eine Magieshow mit Fesselung reichte vollkommen aus.
Irgendwann fand ich dann heraus, dass es sich bei dem Fetisch um Bondage handelt. Ich mag es, ohne Chance auf Flucht, gefesselt und gefickt zu werden. Ich kann meinen Druck abbauen, wenn ich die Kontrolle verliere und mich nicht wehren kann. Die Brandmale von den Seilen auf meiner Haut sind für mich die schönsten Spuren auf der ganzen Welt. Für gewöhnlich praktiziere ich Bondage mit einem Master innerhalb von Gebäuden, aber in diesem Jahr konnte ich erstmals auch Bondage in der Öffentlichkeit aktiv miterleben – auf der Folsom San Francisco. Das war eine fantastische Erfahrung. Dass mir Fremde Komplimente machten, gab mir ein unglaublich selbstsicheres Gefühl. Das schlägt sich auch darauf nieder, wie ich mich im täglichen Alltag verhalte.
Rubber – Ich bin ein Kerl, der nicht ohne Gummi in eine Session starten kann. Das schwarz glänzende Material und sein Geruch sind das beste Poppers überhaupt. Schon früher mochte ich Jungs in Surfanzügen. Die schwarze Farbe machte diese heißen Kerle nur noch heißer und attraktiver. Als ich herausfand, dass das Wort „Gummi" noch eine andere Bedeutung hat, öffnete das für mich neue Türen. Ich mag es, von Rubber eingeschlossen zu sein und es wie eine zweite Haut auf mir zu fühlen. Ich mag es, Gummi für mehrere Stunden am Stück zu tragen – mein Rekord war 4 Tage. Mein Rubber mit anderen Vollgummierten zu polieren und zusammen darin zu spielen, ist die allerbeste Erfahrung. Das schwarze Glänzen machte mich selbstsicher. Das einengende Gefühl ließ mich mit einem sicheren Gefühl zurück. Dieses Gefühl ist besser als jede andere sexuelle Handlung.
Ich nahm teil an MIR19, wobei das auch das erste Mal war, dass ich Gummi in der Öffentlichkeit und außerhalb meines Schlafzimmers trug und traf viele Rubber-Freunde. Zum ersten Mal war ich Mitglied der Fetisch-Gemeinschaft und sah Kink als einen Teil der Kultur. Die Reise zu MIR19 ließ mich meine Fetisch-Selbstidentifikation überdenken. Ich beschloss, erneut ein Coming-out zu haben, allerdings würde es dieses Mal um meinen Fetisch gehen. Seitdem verstecke ich meine Fetisch-Seite nicht mehr, wenn ich mit meinen Freunden unterwegs bin und versuche immer, den Stolz auf seinen Fetisch weiterzugeben und zu vermitteln. Ich habe keine Angst davor, ein rotes Hanky in meine Jeanstasche zu stecken, um zu zeigen, dass ich passiv auf Fisting stehe oder davor, Rubber und einen Lederharness in der Öffentlichkeit zu tragen. Ich bin sehr stolz darauf, ein Fetisch-Kerl zu sein.
Ein Fetisch-Kerl zu sein bedeutet für mich nicht nur, mir selbst zu gefallen, sondern auch mich in die Gemeinschaft einzubringen. Ich will nicht bestreiten, dass es da draußen eine Menge an unverantwortlichen Leuten in dieser Gemeinschaft gibt und jeder mag auch die ein oder andere schlechte Erfahrung gemacht haben, aber das wird mich nicht davon abhalten, mein Fetisch-Leben weiterzuverfolgen. Ich möchte meinem Besitzer danken, der mir viel in Bezug auf Fetisch beigebracht hat. Ich finde, dass es für jeden Neuen sehr wichtig ist, einen Mentor zu finden. Dieser wird mit dir zusammen nicht nur deine Grenzen austesten, sondern dir auch beibringen, wie man sich absichern und schützen kann. Überdies brachte mir mein Mentor ziemlich viel bei über die Fetisch-Kultur und darüber, wie man sich in der Gemeinschaft Gehör verschaffen kann. Ich nahm an einer exklusiven Spielparty nur für Mitglieder während der Folsom dieses Jahr teil und war ebenfalls zum ersten Mal Freiwilliger.
Fetisch-Veranstaltungen zu besuchen hilft einem dabei, offener mit seinen Vorlieben umzugehen, weil man sich selbst besser kennenlernt, wenn man sich mit anderen Kerlen aus der ganzen Welt trifft, die die gleichen Vorlieben haben, wie man selbst. Über Erfahrungen und Erlebnisse in Bezug auf Fetisch zu reden, ist nicht mehr peinlich oder einschüchternd. Asiaten sind in dieser Gemeinschaft irgendwie unterrepräsentiert und aufgrund unserer kulturellen Barrieren sprechen wir für gewöhnlich mit niemandem über unsere Fetisch-Fantasien. Dennoch kann man erkennen, dass immer mehr asiatische Kerle an den Fetisch-Events teilnehmen. Die Fetisch-Erfahrung hat mir dabei geholfen, meine eigene Persönlichkeit zu formen. Seitdem bin ich nicht mehr der stille, schüchterne Junge. Ich habe an Selbstbewusstsein dazugewonnen. Mein Besitzer hat mir viel Wissenswertes zum Thema Leder während der CLAW20 vermittelt. Ich traf meinen besten Rubberkumpel auf der FWL2019. Ich habe auf der Folsom SF zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gespielt. Ich verfolge seit mittlerweile 15 Jahren meinen Fetisch, doch dieses Jahr war definitiv mein Fetisch-Coming-out-Jahr. Ich möchte abschließen mit dem folgenden Rat: „Verleugne nicht Dein wahres Ich und Deine wahren Wünsche, sondern genieße Dein Fetischleben".
Wenn auch Du Deine persönliche Fetisch-Reise in Form eines Recon-Artikels veröffentlichen möchtest, sende uns Deine Ideen oder einen ersten Entwurf an: social@recon.com
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