MITGLIEDER ARTIKEL: Als ein Amputierter sich in der Szene anpassen
von
Recon News
09 November 2018
Von Mitglied miltop
2014 hatte ich einen richtig schlimmen Autounfall und die bei der nachfolgenden Operation entstehenden Komplikationen brachten mich um rechtes Bein. Ich war immer sehr aktiv unterwegs, weshalb es mich wirklich aus der Bahn warf, mein Bein zu verlieren. Da ich von Natur aus ein aggressiver Typ bin, fasste ich meine Genesung als Herausforderung auf und nach sechs Wochen stand ich mit einer schönen lila Prothese schon wieder auf meinen Beinen. Ich hatte wirklich gar keine Beschränkungen, was ich damit tun konnte. Ich schaffe es damit Auto zu fahren, ging Vollzeit in meine Arbeit zurück und dachte, ich kann wieder mein altes Leben in der Master/Slave Community annehmen. Ich fand heraus, dass der erste Teil, der einfachste sein sollte. Was schwierig wurde, war, als sehr dominanter Top wieder in Schwung zu kommen.
Ich gebe zu, dass das erste Problem, das sich mir stellte, ein hausgemachtes war. Ich stellte fest, dass ich mich in der Öffentlichkeit, bei der Arbeit oder in einem nicht sexuellen Umfeld, völlig wohl damit befand, ein Amputierter zu sein, aber sobald ich mit den Leuten, die ich vormals zu meiner Community gezählt hatte, zusammenkam, fühlte ich mich unwohl und unsicher über mich selbst. Das war ein sehr unangenehmes Gefühl.
Ich war mir unsicher, wie weit, wenn überhaupt, ich meinen potenziellen Partnern mitteilen sollte, dass ich ein Amputierter bin. Ich stellte fest, dass ich sehr skeptisch war, wie Leute mich als Top wahrnehmen würden, wenn ich nur ein Bein habe. Das Selbstbewusstsein, dass ich immer genossen hatte, war weg und wurde durch Selbstzweifel und Befangenheit ersetzt. Interessanterweise drangen die Selbstzweifel nie in einen anderen Teil meines Lebens als mein Sexleben ein.
Während der Zeit mich selbst von den Selbstzweifeln freizusprechen, handelte ich wie gewöhnlich nach dem Motto „Ohne Rücksicht auf Verluste" und beschoss einfach zurückzugehen und zu sehen, was passiert. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das ein guter Plan war oder nicht, aber es hat mir ein gewisses Verständnis für unsere Community, die Art, wie sie Leute betrachtet, die anders sind, wahrnehmen, eingebracht.
Als Community, unabhängig von unserem Fetisch, denke ich, dass wir alle an einem Punkt gedacht haben, dass andere Leute nicht unsere bestimmten Vorlieben oder Sehnsüchte verstehen würden, wenn es um die Interaktion mit Männern ging, die Interessen haben, die nicht unbedingt Mainstream sind. Ich beschloss, dass ich zuversichtlicher sein müsste, dass meine Community höchstwahrscheinlich mehr als andere verstehen würde, dass anders nicht weniger bedeuten muss. Ich lag falsch.
Diese Annahme wurde gleich am Anfang auf die Probe gestellt, als ich einen Typen, der nicht weit von mir war, anschrieb, von dem ich dachte, dass er eine gute Verbindung sein könnte. Ich hatte mein Profil noch nicht angepasst, zu sagen, dass ich eine Prothese hatte und ich dachte, dass mein Weg sein würde, es ihm zu sagen, bevor wir uns dann wirklich treffen würden. Als ich ihm dann sagte, dass ich eine Prothese habe, dass sie mich nicht einschränkt, dass sie lila ist und dass ich wollte, dass er das vor unserem eigentlichen Treffen weiß, bekam ich eine lakonische Antwort zurück, dass es ihm egal wäre, dass ich ein Prothese hätte, aber es ihm nicht egal wäre, dass ich es ihm nicht gleich am Anfang gesagt hätte. Offensichtlich war es ihm also nicht egal, unabhängig davon, was er sagte.
Da ich beschloss diese unangenehme Situation zu vermeiden, änderte ich mein Profil, so dass es jetzt klar darauf hinwies, dass ich eine Prothese habe, aber auch klar zu machen, dass das kein einschränkender Faktor in meinem Leben ist und dass ich ein sehr aktiver Top ohne Einschränkungen bin. Schnell stelle ich fest, dass meine Cruises rasant nachließen und dass Leute, zu denen ich Kontakt aufnahm, entweder nicht antworteten oder sogar noch schlimmer, Kommentare abließen, dass sie nicht an einem Krüppel interessiert wären. Während es für die meisten von uns an der Tagesordnung steht, ignoriert zu werden, schien es mir, dass es mir nun öfters passierte, seit mein Profil sagte, dass ich ein Amputierter bin. Was mich ärgerte, waren die Kommentare, dass man sich nicht für einen Krüppel interessieren würde. Ganz gewiss sah ich mich selber nicht so, aber ich bin erfahren genug, zu verstehen, dass es immer Idioten gibt, die wirklich kein Gespür haben. Trotzdem ärgerte es mich.
Dazu fand ich auch eine Gruppe Männer, die gerade an dem Fakt, dass ich ein Amputierter bin, Interesse zu finden schienen. Das fühlte sich zunächst auch unangenehm an. Nämlich das etwas an mir, dass ich selber nicht wirklich mochte, fetischisiert wurde. Diese Gespräche waren am Anfang sehr unangenehm und brachten oft mit sich, dass ich nach Bildern von meinem Bein gefragt wurde, Fragen bekam, wie sich das anfühlte und was andere Typen schon damit gemacht hätten. Doch ab einem Moment begann ich über diese Fragen auf eine andere Weise nachzudenken. Ich fing an zu verstehen, dass amputiert zu sein, ein körperliches Attribut war, dass für eine Gruppe Männer interessant schien. So wie ich Sachen mag, mag jemand anderes ein Interesse an haarigen Typen, gutbestückten Typen, Tops, Bottoms, massive Männer, dünne Männer haben und nun hatte ich ein Attribut, das, aus welchem Grund auch immer, für diese Männer interessant war. Als ich das verstand, fühlte ich mich sehr viel besser und begann mich selbst wieder zu mögen.
Ich bin wirklich glücklich. Ich bin ein gesunder, kreativer und aktiver Top. Meine Amputation hat mein Leben nicht eingeschränkt. Ich bin immer noch der aggressive, Ex-Armee Dom Typ, der ich immer war. Ich arbeite, reise und wie jeder andere hier, suche ich nach einem Mann, mit dem ich meine Interessen und meine Wünsche teilen kann. Ich habe auch entdeckt, dass es eine Menge richtig toller Typen gibt, denen es nichts ausmacht, ob ich ein Bein oder zwei habe. Das sind wahrscheinlich die besten Verbindungen, die ich geknüpft habe und sie sind die Art Typen, die mehr auf eine geistige Verbindung konzentriert sind, von denen wir anscheinend in unserer Community sehr gut dabei sind, sie hervorzubringen. Ich bin glücklich, dass Zeit und Zutrauen diese Menschen in mein Leben gebracht hat.
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