LYNX: Steht auf, geht raus & tut etwas!
von
Recon News
30 November 2020
In diesem Artikel erzählt unser Mitglied LeathermanLynx über seine Einsichten und Erfahrungen im Entdecken der Lederszene und wie man mehr als nur hineinschnuppern kann.
Teil der " Szene" werden
Vor dem Sommer 2015 waren meine einzigen Erfahrungen, die ich mit Leder, Kink, BDSM oder radikaler Sexualität hatte, Clips, über die ich beim Browsen nach Porn oder skandalösen Geschichten, die ich von einigen meiner Kumpels gehört hatte, gestolpert war. Ich muss zugeben, ich war wahrscheinlich, nein ich war ganz gewiss damals ziemlich prüde. Meine Vorstellung, was Leder ist, basierte darauf, was andere mir darüber erzählt hatten oder in gewissen Teilen der Medien davon dargestellt wurde. Ich lag SO WAS von daneben!
Im Oktober oder November 2015 chattete ich mit jemandem online, der mir gleich am Anfang unserer Schreibfreundschaft gesagt hatte, dass er auf Leder & BDSM stehen würde. Ich sagte, dass das „cool und so" sei, aber dass das nichts für mich wäre. Er erwähnte es nicht mehr und das Gespräch lief ganz natürlich weiter und entwickelte sich zu einer richtig wunderbaren Bekanntschaft. Tatsächlich ist er einer der wenigen Leute, die mich in die Richtung der Lederszene gestoßen haben. Doch da muss auch schon auf meiner Seite eine Neugier gewesen sein, oder? Normalerweise verbringen wir unsere Zeit nicht damit, zu überlegen, ob wir in Gedanken ein „hartes Nein" dazu in Betracht ziehen, wir sagen einfach nur „Nein" (…normalerweise). Aber nach einiger Zeit und nach vielen, vielen Fragen, ziemlich viel Lesen… und einigen Zweifeln, fand ich mich schließlich in der Schlange zum Aufnahmeprozess einer Leder-Bruderschaft, die „The Men of ONYX" genannt wurde. Wie in aller Welt war ich dort gelandet?
Meiner Meinung nach hat „Leder" seine Wurzeln in radikaler Sexualität – die Gear, das Spielen, die Männer/Frauen/Nicht binär, der Schweiß, der Schmerz, das Gefallen – wooh! Die Liste ginge weiter… aber in dieser Kultur gibt es viel mehr, das Millionen von gleichgesinnten Menschen auf der ganzen Welt zusammenbringt. Sei es Bildung, Wohltätigkeit, Titelwettbewerbe, Gesundheit & Wellness, Ehrenämter, Play Partys, Beratung oder nur die Kameradschaft – es gibt viele Wege ein Teil davon zu sein und mitzumachen. Es liegt an euch, den besten Weg zu finden, der so gestaltet ist, dass er für euch funktioniert.
Ich habe nicht vor, alle Wege, durch die man ein Teil der Leder Kultur werden kann, auszuführen – es gibt einfach zu viele – aber schauen wir uns ein paar an, falls ihr euch fragt, wie das aussehen kann.
Mentorship
Für viele ist die Idee einer Organisation oder eines „Club" ganz schön heftig. Dich in ein Umfeld wie Leder zu begeben, voller Leute, die man nicht kennt, kann einen schon überwältigen. Vielleicht sind Gespräche zu zweit, Chats, Essensverabredungen und Treffen mit jemandem, in dessen Gesellschaft man sich wohlfühlt, besser für euch.
Beachtet dabei: Das Wort "Mentor" hat für unterschiedliche Leute eine unterschiedliche Bedeutung.
Es wäre nachlässig von mir nicht zu erwähnen, dass ein Mentor im Vorfeld geprüft werden sollte. Weiß er wovon er redet? Hat er einen Ruf in der Community? Hat er ehrliche, wirkliche Referenzen, die er bereit ist, mit Dir zu teilen? Wahrscheinlich am wichtigsten: Vertraust Du ihm, aufrichtig mit Dir zu sein, während Du Dich darauf einlässt, zu lernen?
Ein guter Mentor kann Dich in Literatur, Geschichte, Menschen und einer großen Anzahl anderer Dinge einführen. Nun, es gibt eine Diskussion darüber, ob oder man nicht mit seinem Mentor spielen (oder Sex haben) darf, Ich habe dazu meine eigene Meinung, aber das ist für eure Reise unerheblich. Seid einfach SEHR sicher darin, was für eine Wahl ihr trefft, das ist mein Rat zu diesem Punkt.
Clubs/Organisationen
Eines der wirklich guten Dinge bei Leder Clubs und Organisationen ist, dass sie im Allgemeinen von Leuten betrieben werden, die Erfahrungen und eine Geschichte in der Community und mit der Kultur haben. Viele bieten auch eine Art Möglichkeit zur Mitgliedschaft für Leute, die nach Wegen suchen, ein Teil davon zu werden und mitzumachen.
Eine schnelle Online-Suche wird wahrscheinlich einige Leder Clubs/Organisationen in eurem Gebiet oder eurer Nähe zu Tage fördern. Schaut sie euch genau an. Sehen sie wie eine Gruppe Leute aus, die ihr kennenlernen wollt, etc.? Wenn Sie ein Social in einer Bar in der Nähe veranstalten, schaut vorbei! Bekommt einen Eindruck. Wenn es zu einschüchternd ist, allein zu gehen, dann bringt einen Kumpel mit – warum nicht? Nehmt euch ein bisschen Zeit, euch an die Umgebung und die Leute zu gewöhnen. Erkundigt euch nach Möglichkeiten ein Teil davon zu werden. In vielen Clubs/Organisationen beinhaltet der Weg zur Mitgliedschaft einen „Pledge"-Zeitraum (oder Probezeit), bevor ihr offiziell beitreten könnt. Er bietet denen eine Möglichkeit, die neu sind, sich damit vertraut zu machen, wie die Organisation funktioniert, mit den Leuten, die für den Erfolg der Organisation verantwortlich sind, ihre Geschichte, Möglichkeiten innerhalb der größeren Community aktiv zu werden und eventuell auch die über BDSM oder Fetisch verbundenes praktisches Wissen zu lernen. Der Zeitraum ermöglicht auch den bestehenden Mitgliedern, mit euch selbst vertraut zu werden. Dieser Vorgang ist so gestaltet, um euch eine geschmeidige Einführung mit Leuten, die euch für Unterstützung beistehen, anzubieten.
Eine Randnotiz zu Clubs/Organisationen: Viele Leute sagen, und dem stimme ich zu, dass eine Mitgliedschaft in einem Club oder einer Organisation nicht notwendig ist, um daran teilzunehmen oder ein „Mitglied" der Kultur/Community zu werden. Sie haben recht! Es ist auf jeden Fall möglich, alles selbst zu erkunden. Wenn das so für dich funktioniert, wunderbar - aber wenn du jemand bist, der auf die weitere Kultur neugierig ist und der sich über Unterstützung freuen würde, während er darüber herausfindet, dann gibt es Organisationen und Clubs, die voller Menschen sind, die bereitstehen zu helfen.
Mir ist durchaus bewusst, dass die jetzige Situation mit COVID-19 unsere Möglichkeiten zu socialisen und sich zu versammeln praktisch unterbrochen hat. Auf dem ganzen Globus müssen sich Bars und Clubs, Pubs und Play Spaces, Glory Holes und Coffee Shops mit Schließungen und ihren Folgen beschäftigen. Jedoch haben viele Organisationen ihre Aktivitäten und Interaktionen zugunsten eines virtuellen Erlebnisses verschoben.
Auch wenn wir vielleicht nicht gerade zum nächsten Dungeon gehen können und Jungs von den "XYZ Men of Leather" treffen können, wird euch eine kurze Suche in den sozialen Medien zeigen, wer gerade was und wie er es macht. Knüpft Kontakte, fragt die Fragen und werdet ein Teil. Sich zu verbinden ist die wichtigste Sache. Viele Gebiete auf der Welt haben mehr Einschränkungen als andere, weshalb, wenn es für euch nicht möglich ist „rauszugehen und Leute zu treffen", es andere Wege gibt, ein Teil zu werden. Nutzt das, was euch zur Verfügung steht. Mit ein bisschen Glück und ein bisschen Zeit, werden wir alle diese Pandemie hinter uns lassen und können zu etwas ähnlichem wie gemeinschaftlichem Fetisch-Leben zurückkehren.
Freiwillige Arbeit
Vielleicht habt ihr von Leuten mit denen ihr sprecht von IML, MAL, Antwerpen oder anderen „Mr."-Wettbewerben gehört – vielleicht hat euch die Erzählung einer großartigen Geschichte von einem Freund, der gerade von einem Leder-Wettbewerb Wochenende zurückgekehrt ist, neugierig gemacht. Zugegeben, die dort auf der Bühne in verschiedenen Wettbewerben dabei sind, haben einige Erfahrung in der „Szene" gesammelt, aber das heißt nicht, dass ihr nicht Teil davon sein könnt.
Leder Wettbewerbe erfordern eine große Menge an Unterstützung durch Freiwillige, die dort arbeiten. Und gibt es eine bessere Möglichkeit, die Leder Kultur aus der Vogelperspektive in Echtzeit zu beobachten? Dabei zu helfen, am Tisch zur Registrierung zu arbeiten, separate Räume aufzubauen, Programme und Umschläge zu befüllen, Platz für einen Verkaufs-Pop Up Shop zu schaffen und dazu ein Füllhorn anderer Sachen, die dabei helfen, ein Wettbewerbs Wochenende auf die Beine zu stellen sind eine großartige Möglichkeit, ein Teil davon zu werden und Leute zu treffen. Die meisten Male werden euch ein paar Stunden Arbeit ein paar Drinks, den Eintritt zum Wettbewerb, einen Geschenkbeutel oder zwei oder irgendwelche anderen Sachen bringen, um euch zu danken, dass ihr freiwillig mit eurer Zeit helft. Manche Wettbewerbe bieten sogar Stipendien an!
Aufs Ganze gesehen, wird freiwillige Arbeit in sehr viel mehr Bereichen als nur im Wettbewerbs-Bereich gebraucht. Die Community kann das, was sie tut oder womit sie hilft, nur durch die Großzügigkeit williger Leute tun, die ihre Zeit zur Verfügung zu stellen. Es ist wirklich einer der einfachsten Wege, ein Teil davon zu werden.
Hat euer LGBTQ+ Ressourcen/Gesundheits-Zentrum vor Ort ein Schwarzes Brett, auf dem es Einträge zum sozialen Leben gibt? Gibt es Events oder Wohltätigkeit Fundraiser-Veranstaltungen in der Zukunft – und brauchen sie Freiwillige? Findet es heraus und werdet ein Teil davon. Ihr könnt nie wissen, wen ihr dort treffen werdet und wie er oder sie euch auf eurem Weg unterstützen werden. Nochmal, im jetzigen Klima mag das eine Herausforderung sein, aber vergesst nie, dass wir bald alle wieder zusammen sein werden.
Play Partys/Fetisch Events
Was ist, wenn du eine geile Sau bist und es weißt? Vielleicht fühlst du dich wohl mit deiner Sexualität, aber du möchtest wachsen und dich ein bisschen mehr entwickeln? Du interessierst dich nicht wirklich für die Randbereiche der Kultur ... Du möchtest einfach die Sau rauslassen, aber weißt nicht genau wie. Na, wie gut für dich, dass es das gute alte Play Party/Fetisch Event gibt! Es gibt gewisse Vorkehrungen, die man treffen sollte, wenn man diesen Weg gehen will.
Sich auf radikal sexuelle Leute bei einer Play Party einzulassen, braucht eine große Menge an Vertrauen und Kenntnis. Nicht jede Person, die wir treffen ist eine gute Wahl als Spielpartner, aber Play Partys und Fetisch Events bringen Leute zusammen und wir wissen nie, wen wir treffen werden. Für den Moment schaut euch in den sozialen Medien um, um zu erfahren, ob es online irgendwelche Events gibt, die Demos von Kink und Fetisch Play zeigen. Es ist eine großartige Möglichkeit ein Preview auf das Buffet der Möglichkeiten, die im Fetisch existieren, zu bekommen. Es wird euch helfen eine Liste von Dingen zu erstellen, die ihr herausfinden möchtet, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, an dem wir alle wieder zusammen sein dürfen.
Ich könnte die einzelnen Bestandteile der „Play Party" mehr im Detail beschreiben, aber für den Zweck dieses Artikels sage ich nur ein paar Sachen dazu: wenn ihr ein Neuling in der BDSM/KINK/Leder Kultur seid, wird eine öffentliche oder offene Play Party nicht der erste Versuch sein, daran teilzuhaben. Wenn euch das Wort „Protokoll" in Bezug auf Play Spaces nichts sagt, dann schlagt es nach. Lernt darüber. Dinge können schnell schieflaufen, wenn ihr euch nicht damit auskennt, wie Play Partys funktionieren.
Auf manchen Wochenend-Events gibt es Partys, die von einer Bar/Club veranstaltet werden und auf denen ihr die Möglichkeit habt Fetisch Play in Aktion zu sehen. Manche haben sogar Stationen aufgebaut, die zum Zweck, dass Leute sie „ausprobieren" können von vertrauenswürdigen Fetisch Playern geführt werden. In den USA gibt es „Kinky Karnivals" das ganze Jahr über im ganzen Land verteilt. Wenn ihr für euch eine Umgebung findet, in der ein bestimmter Fetisch stattfindet und ihr neugierig genug seid, das mal auszuprobieren, folgt dem Protokoll und wenn es der richtige Moment ist, sprecht die Person, die in Frage kommt, an und sagt einfach „Ich bin neu. Ich interessiere mich dafür, was ihr macht. Wäre es möglich, dass du mir ein bisschen davon erzählst?" - Schaut einfach, was passiert. Vertraut aber euren Instinkten. Immer.
*Als Neuling bist du niemals verpflichtet mit jemanden, den du gerade erst getroffen hast, zu spielen. Niemals.
Wie ich schon sagte, es gibt unendlich viele Wege wie man Teil werden und „Leder" erkunden kann. Das sind nur einige wenige, die mir in den Sinn gekommen sind. Ob ihr euch mit der Struktur eines Vorgangs, der von einer Organisation betreut wird oder ob ihr lieber euer eigenes Ding machen wollt und euch Stück für Stück in die Sache hineinbegebt, es gibt in jedem Fall viele Wege es zu erkunden und eure Neugier weiterzuentwickeln. Die Kultur/Community besteht aus wunderbar großartigen Menschen, von denen viele sich darüber freuen, euch auf eurem Weg zu helfen.
Ich hätte nie gedacht, dass ich da landen würde, wo ich jetzt bin, als ich vor 5 Jahren das erste Mal den „Jackhammer" betreten habe. Sich dafür zu entscheiden, diesem Impuls zu folgen, hat die ganze Ausrichtung meines Lebens geändert und ich bin dafür für immer dankbar.
Also, wenn das alles für euch neu ist, herzlich willkommen! Steht auf, geht hinaus & tut etwas! Wenn ihr ein Veteran seid, dann Danke an euch, dass wir auf euren Schultern stehen dürfen!
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