INTERVIEW: Fetish Daddy

INTERVIEW: Fetish Daddy

von Recon News

10 Mai 2021

Fetish Daddy ist eine brandneue Kink-Marke, die uns mit ihrer Einstellung zur Diversität und der Herstellung von inklusiver Fetisch-Gear aufgefallen ist. In diesem Interview erzählt Ollie, Mastermind von Fetish Daddy, wie die Marke mit Sitz in London entstanden ist.

Was bedeutet Fetisch für dich?

Über den Fetisch bin ich auf unglaubliche Freunde getroffen, in einer Gemeinschaft, in der ich mich sicher fühle, ich selbst zu sein, und genau das genieße ich auch in meiner Rolle als Leiter von Fetish Daddy. Bei uns gilt die Regel, dass keiner über irgendetwas urteilt, über das jemand mit uns spricht, auch nicht unter uns, die wir hier im Atelier arbeiten - das sorgt für ein sehr angenehmes Arbeitsklima, so dass wir unsere ganze Energie in die Designs stecken können und nicht in Stress oder Sorgen!

Je mehr ich mich mit Leuten unterhalte und herausfinde, was sie im Fetisch-Bereich so anmacht, desto mehr Dinge entdecke ich, die mich ebenfalls geil machen.


Wie sah deine Reise durch die schwule Fetischszene bis jetzt aus?

Ich habe meinen Ehemann, Liam, vor neun Jahren kennengelernt und ich bin nach wie vor beeindruckt von meiner Selbstbeherrschung, da wir erst beim zweiten Date miteinander schliefen! Ich habe während der vier Dates, die wir an jenem ersten Wochenende hatten, eine ganze Menge über ihn erfahren. Er besaß ein paar Neoprensachen, wir experimentierten ein wenig mit Leder und schließlich, ein paar Monate später, mit Gummi, aber viel entscheidender war, dass er unglaublich gut roch!

Mittlerweile waren wir auf mehr Fetisch-Events als ich in Erinnerung behalten kann und hatten eine Menge Spaß, obwohl wir beide oft Probleme mit unserem Selbstbewusstsein und unserem Körper haben, wenn wir ausgehen, und es braucht manchmal einiges an Überwindung, um Spaß zu haben. Die soziale Dimension von Fetisch-Events ist für uns zu einem wichtigen Teil unseres Abends geworden, und wenn wir eine unserer eigenen Kreationen tragen, kommt man zumeist schnell ins Gespräch mit neuen Leuten, die auf uns zukommen.

Dennoch war nicht immer alles ganz so einfach - es gab Leute, die uns sagten, dass einiges von dem, was wir herstellten, kein "Fetisch" sei. Wenn ich ein Kleidungsstück trage, dann ist das mein Fetisch und niemand sonst hat das zu kommentieren - es war ein Kommentar wie dieser, der dazu führte, dass Liam schließlich aktiv wurde und ein "Emoji Geist"-Latextop für eine Party entwarf!


Wie kam es zu Fetish Daddy?

Vor zwei Jahren hatte ich einen üblen Motorradunfall, brach mir das Bein (verfehlte dabei nur knapp eine Arterie) und kugelte mir die Schulter aus. Meine Genesung sollte eine Weile dauern und man bot mir nur eine kleine Abfindung an, damit ich meinen Job aufgebe; ich wusste nicht, was ich tun sollte, aber für mich war klar, dass die £90,04 pro Woche, die sie mir als Krankengeld anboten, nicht die Lösung waren! Ein Freund zeigte mir einen Ledergürtel, den er aus einem Stück Leder gefertigt hatte, das er in einem örtlichen Lederwarengeschäft gekauft hatte, und ich war sofort angetan. Wir hatten uns gerade einen Hundewelpen gekauft und ich beschloss, mir ein paar Lederreste zu besorgen und mir selbst die Lederverarbeitung beizubringen, während ich mich erholte. Schon am ersten Tag hatte ich unseren beiden Hunden neue Leder-Geschirre verpasst. Die Leute im Park liebten sie und wollten sie auch kaufen - wie du dir sicher vorstellen kannst, dauerte es nicht lange, bis die Jungs fragten: "Wenn du einen Harness für einen Hund anfertigen kannst... kannst du für mich vielleicht auch einen entwerfen?"

Ich gründete Fetchish Ltd - ich dachte, es wäre ein lustiges Wortspiel aus Fetisch und Fetch... leider hielt Google uns für einen Rechtschreibfehler und in den Clubs konnte auch niemand so wirklich verstehen, wie wir hießen. Also haben wir, wie einst Gretchin Weiner, aufgehört zu versuchen, Fetchish zu verwirklichen, und Fetish Daddy wurde ins Leben gerufen! Die fantastischen Jungs der Manchester Leathermen fragten uns, ob wir einen kleinen Stand auf ihrem Markt für das Wochenende im Jahr 2019 haben wollten. Liam und mein guter Freund Matt fuhren mit mir hin. Ich war beruflich schon in vielen stressigen Situationen, aber ich war noch nie in meinem Leben so nervös - was, wenn die Leute das, was wir produziert hatten, hassten? Was, wenn niemand etwas kaufen würde?! Als ich mich dann hinhockte und ausrechnete, was wir verkauft hatten, musste ich etwas weinen; die Leute hatten eingekauft, und zwar eine ganze Menge. Später am Abend kam dieser heiße irische Kerl im Eagle auf mich zu und sagte: „Ich habe gehört, ihr seid die neuen Jungs im Fetischgeschäft. Was ihr kreiert ist unglaublich!" Ich werde nie vergessen, wie gut sich dieser Moment anfühlte.


Du veranstaltest auch Workshops, in denen du die Herstellung verschiedener Arten von Gear vermittelst; was hat dich dazu inspiriert und was kann man als Teilnehmer eines Workshops erwarten?

Wie ein altes Sprichwort sagt: „Wenn du einem Mann ein Latex-Top gibst, wird er vielleicht in dieser einen Nacht flachgelegt, aber wenn du einem Mann beibringst, seine eigene Latex-Gear herzustellen, wird er für immer flachgelegt werden!" Liam und ich begannen damit, gleich nachdem wir die Firma gegründet hatten; in unseren Augen ist die Fetischgemeinschaft eine kreative Gemeinschaft. Nicht jeder kann es sich leisten, neue Gear zu kaufen - warum also nicht den Leuten beibringen, sich ihre eigene Ausrüstung anzufertigen.

Ich werde oft gefragt, ob ich mir Sorgen mache, dass ich jemandem etwas beibringen könnte und dieser dann eine Konkurrenzfirma gründet. Wenn wir jemanden so gut unterrichten, dass er eine eigene Firma gründet, würde ich das als ein riesiges Kompliment sehen! Wettbewerb ist gut, Kreativität ist fantastisch und Schulungen anzubieten ist ein toller Weg, um großartige neue Gear in der Szene zu entdecken, die den Besitzer nicht die Welt kostet, sondern hauptsächlich seine Zeit!


Welche Gear stellst du am liebsten her?

Ich liebe alles, was für mich eine Herausforderung darstellt, und nichts gibt mir so einen emotionalen Kick, wie wenn jemand online berichtet, wie sehr er etwas liebt, das wir für ihn entworfen haben, denn das bedeutet, dass wir unsere Arbeit richtig gemacht haben!

Eines meiner Lieblingsprojekte war es, einen Harness zu entwerfen, den jeder tragen kann, der aber auch für unsere Trans-Kunden geeignet ist, die ihre Narben nach einer Brustoperation verstecken wollen - wir haben drei Modelle entwickelt, die dafür gut geeignet sind: den Logan, den Rocco und den Dolf. Der Logan und der Rocco wurden für uns von Jacub im Rahmen unseres zweiten Shootings für unsere neue Website in Manchester letztes Jahr gemodelt.


Wie wollt ihr euch weiterentwickeln und eure Arbeit in Zukunft gestalten?

Als wir die Firma gründeten, designten wir eine kleine Auswahl von Lederharnessen, welche auf einfacher, schöner Handwerkskunst und fantastischer Qualität fußten. Während sich unsere Designs weiterentwickelt haben, da wir neue Techniken erlernt und neue Produkte in unser Sortiment aufgenommen haben, ist unser Ethos gleichgeblieben. Wir wollen uns zu einem Unternehmen entwickeln, das für Qualität, fantastischen Kundenservice und Inklusivität bekannt ist. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass wir in eineinhalb Jahren so weit kommen würden, vor allem, wenn man bedenkt, dass das meiste davon während einer Pandemie passiert ist. Ich glaube, das liegt an der Leidenschaft und dem Antrieb, den Liam, ich und die fantastischen Teammitglieder, mit denen ich zusammenarbeite, teilen - alle waren zu Beginn Freunde und hatten wenig Erfahrung, eben nur einen kreativen Funken und die Leidenschaft, etwas Neues zu lernen. Es hilft auch enorm, dass unsere Kunden so leidenschaftlich hinter der Gear stehen, die wir für sie herstellen.

Wir haben uns in den letzten anderthalb Jahren so sehr entwickelt; ich kann mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn das Reiseverbot endet und die Leute uns endlich besuchen können! Wir haben die Pandemie mit einem Aufmaß-Service per Videokonferenz und Online-Anproben überstanden - was zumindest außerhalb einer Pandemie bedeutet; wir können immer noch ein weltweit agierendes Kleinunternehmen sein!

Wenn möglich bieten wir unseren Kunden bei der Bestellung eines Maßartikels ein kurzes Fotoshooting mit dem FANTASTISCHEN Matt Spike an - er hat ein unfassbares Talent, das Beste aus jedem herauszuholen, egal wie nervös oder (un)erfahren das Model ist. Was ich daran liebe, ist, dass der Großteil unserer Models auch gleichzeitig unsere Kunden sind, denn sie präsentieren etwas, das für sie gemacht wurde und von dem sie wissen, dass sie darin gut aussehen. Ich kann es kaum erwarten, noch VIEL mehr solcher Fotos zu machen, sobald der Lockdown vorbei ist!


Welche Fetischpläne hast du für die Zukunft?

Wie alle anderen, brenne ich ebenfalls darauf, wieder auf ein Fetisch-Event zu gehen, neue Leute zu treffen und Spaß zu haben! Ich drücke die Daumen, dass die Folsom Berlin dieses Jahr stattfindet und freue mich schon auf die Rubbermen of London im August!

Was die Arbeit angeht, habe ich das Gefühl, dass die Antwort auf diese Frage von Pinky and the Brain stammen könnte: „Dasselbe, was wir jede Nacht tun, Pinky, wir versuchen, die Welt zu einem geilen Ort zu machen!" Auf was auch immer du stehst, welche Form, welches Geschlecht oder welche Hautfarbe du hast, wir wollen, dass du dich HEISS fühlst und eine Menge Spaß dabei hast!

Ich benutze den Hashtag #FetishForEveryBody schon eine ganze Weile - wenn man sich viele Fetischseiten anschaut, könnte man meinen, dass 98% der Fetisch-Community aus durchtrainierten, weißen Männern bestehen - ein einziger Besuch einer der Veranstaltungen beweist das Gegenteil. Wir werden weiterhin möglichst diverse Models engagieren, in der Hoffnung, dass wir allen ein gutes Gefühl geben, wenn sie mit ihren Fetischkleidungsideen zu uns kommen und sich genauso sexy fühlen, wie sie aussehen! Außerdem hoffe ich, auch andere Unternehmen in die Verlegenheit zu bringen, inklusiver zu werden!

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