ANTWORT EINES MITGLIEDS: “Sozial annehmbar“-Artikel
von
Recon News
13 November 2017
Als Antwort auf unseren kürzlich erschienenen Artikel „Sozial annehmbar" [am Ende dieser Seite unten verlinkt], der sich mit dem Thema Fetisch auf sozialen Medien zu teilen, beschäftigt hat, haben wir von zwei Mitgliedern Antwortschreiben erhalten, die dazu unterschiedliche Ansichten haben. Das wollen sie uns dazu sagen:
Von subpighole
Ich finde: entweder man ist offen und teilt oder man ist nicht offen. Es gibt da verschiedene Phasen: Bild, aber keine Genitalien; dann komplett nackt, aber ohne Gesicht; dann sagen manche: ach, was soll's, hier auch mit Gesicht. Es ist einfach eine Reise, von der ich glaube, dass sie sich weiterentwickelt.
Mir ist vor ein paar Jahren etwas Lustiges passiert. Nach einem iCloud Update haben sich meine Einstellungen verändert und meine Enkel hatten Zugriff auf meine xxx Bilder und Videodateien. Es hat ein paar Stunden gebraucht, bis ich das bemerkt hatte und den Zugriff wieder einschränken konnte.
Die Enkel, die den Zugriff erhalten hatten, waren älter, aber trotzdem war es, gelinde gesagt, seltsam für mich. Ihre Eltern waren sauer auf mich, sehr viel mehr als die Kinder, die mich damit dann Witze machend ein bisschen aufgezogen haben und dann eher eine „Na und?"-Einstellung gegenüber dem Ganzen hatten.
Zum besseren Verständnis: ich hatte in den 70ern direkt nach der High-School geheiratet und wusste nicht, wer oder was ich bin. Deshalb ist mein Standpunkt, dass sie jetzt eben ein bisschen mehr über die „Interessen" ihres Großvaters wissen und trotzdem jeden Tag die Sonne aufgeht und es weder für sie noch für mich großes Aufhebens bedeutet. Für mich war es sogar befreiend, denn es ist, was es ist.
Ich will niemanden zu irgendetwas zwingen, aber wenn sie schauen und sie dann etwas finden, dann ist doch die wahre Frage: wonach haben „sie" denn schauen wollen? Wer auch immer dieses kollektive „sie" sein mag. Zum Beispiel bemerkte am Ende eines Geschäfts-Anrufs, der Mann mit dem ich sprach, dass er mich in der letzten Nacht gesehen hätte. „Wie haben Sie das? Wir sind doch 1000 Meilen voneinander entfernt." Seine Antwort: „Auf X-Tube." Ich habe dann nach mehr Infos gefragt um die Punkte zu verbinden. Und es kam heraus, dass auch er ziemlich in Fetisch-Play involviert ist (was ich nicht wusste). Er sah mich, wie ich von einem sehr aggressiven Dom, mit dem ich einmal gespielt hatte, ausgepeitscht, angepinkelt und gezeichnet wurde und der hatte offensichtlich die Session auf Video gefilmt. Das war die wahre Überraschung für mich, doch dachte ich nur „Sch….egal."
Wir haben heutzutage so viele umwälzende Technologien, die einen Wandel herbeiführen werden und die jetzt schon die Haltung zukünftiger Generationen verändert haben. Diese neuen, umwälzenden Technologien brechen die Barrieren von gestern ein. Ihre Auswirkungen auf mich bis jetzt: unerheblich. Man soll vielleicht nicht seine X-Tube Videos oder sein RECON Profile mit seinem LinkedIn-Profil verlinken, obwohl ich sogar ein paar gesehen haben, die selbst das gemacht haben. Deshalb: Wandel passiert ständig, ist gesellschaftlich und passiert mit jedem von uns, in welcher Geschwindigkeit auch immer, wir ihn verarbeiten können.
Von Darkwind
Als Spätzünder im Zeitalter des Internet (als ich mit der Schule fertig war, galten elektronische Schreibmaschinen als „Neue Technologie" und Mobiltelefone gehörten zu den neuartigen Erfindungen, die man bei Star Trek sah) denke ich, dass es eine wunderbare Plattform bietet, Ideen zu teilen & mit Leuten, die man sonst nicht anderswo treffen würde, Kontakt zu knüpfen. Trotzdem kommt es mir ein bisschen unheimlich vor, wie diese Idee des weitverbreiteten Teilens, so komplett außer Kontrolle geraten scheint.
Bitte, versteht mich nicht falsch: Ich möchte auf keinen Fall irgendjemanden dafür verurteilen, was er teilt oder nicht teilt, aber mir fällt es schwer, auch nur einen Grund zu finden, warum ich meine alten Tanten oder meine nähere Familie wissen lassen sollte, was so bei mir im Schlafzimmer passiert. Zugegebenermaßen ist die einzige Social Media Seite, die ich benutze, Facebook, aber ich würde genauso wenig dort irgendwelche Bilder von mir in Gear einstellen, wie ich sie meinem Kundenbetreuer bei der Bank oder meinem Boss schicken würde.
Ich schäme mich nicht dafür, was ich trage oder nicht trage, aber ich sehe keinen Grund, das mit meinen Facebook Freunden zu teilen – was meinen (höchst religiösen) Boss und verschiedene Verwandte, die auf die 90 zu gehen, miteinschließt. Obwohl sie alle über meine Sexualität Bescheid wissen und damit klarkommen, sehe ich absolut keinen Bedarf sie über die Sachen, zu denen ich mich mit meinen Playmates treffe, aufzuklären. Ich bezweifle sogar gar nicht, dass mich mein Boss und meine Verwandten groß anders behandeln würden, wenn sie über mein Fetisch-Leben Bescheid wüssten, aber warum müssen sie das wissen? Ich möchte auch nicht über ihre Neigungen Bescheid wissen und es ist auch nicht der Fall, dass ich sie je als potenzielle Kontakte in Betracht ziehen werde. Vielleicht ist es mein Alter, aber für mich ist das gar nicht so weit davon weg, mit einem Schild durch die Straßen zu laufen, auf dem steht: „Ich lass mich gerne von hinten nehmen." Ob ich mich das tun lasse oder nicht, geht niemanden etwas an, außer mich selbst – und natürlich der Typ, um dessen Schwanz es geht.
Ich akzeptiere vollständig, dass ich mit diesem Standpunkt heutzutage so etwas wie ein Dinosaurier bin, aber ich fühle keinen Grund, so viel von mir selbst anzupreisen, außer es geht darum, dass ich aktiv nach einem Spielpartner Ausschau halte. Wenn das der Fall ist, ist es zur Zeit Facebook, wo ich dann schauen würde, also macht das wenig Sinn. Hingegen kann ich natürlich meine Gedanken nur mit den Medien, die tatsächlich nutze, verbinden.
Nichtsdestotrotz, das ist, was ich sage, wenn Du mich danach fragst. Ich will damit niemanden angreifen: wir sind alle erwachsen und sind frei, das zu tun, was wir wollen. Und so soll es noch lange sein!
Wenn ihr irgendwelche Fetisch-Themen, die ihr diskutieren möchtet, habt oder auf einen der Artikel auf Recon antworten möchte, bitte schickt das an: social@recon.com
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